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Ist Weissbrot wirklich so ungesund?

Oder ist es doch besser als sein Ruf?

Dass Vollkornbrot und -produkte als gesündere Wahl gelten, ist weitgehend unumstritten. Doch macht dies das Weißbrot automatisch zum Buhmann? Keineswegs, denn es gibt durchaus Tageszeiten und Situationen, in denen der Verzehr von Weißbrot bekömmlicher und sinnvoller ist.

  • Datum: 12.10.2023
Unser Brot im Onlineshop

Unterschied Vollkorn vs. Weißmehl

Ein Getreidekorn enthält an Inhaltstoffen nahezu alles, was man für eine ausgewogene Ernährung benötigt: viel pflanzliches Protein, Kohlenhydrate und Ballaststoffe und einen geringen Fettgehalt (aber dafür essenzielle Fettsäuren), neben wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen. Im sogenannten Weißmehl oder den daraus gefertigten Produkten ist der Ballaststoffanteil wesentlich geringer und auch der Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen. Während im Vollkornmehl das ganze Korn vermahlen ist, wird für das Weißmehl nur der innere Teil des Korns – der Mehlkörper „herausgezogen“ (=> Auszugsmehl). Die Frucht- und Samenschale und auch der Keimling werden dabei nicht mitvermahlen. Okay, aber das wussten wir ja bereits – soweit die lebensmitteltechnologischen Fakten. Sind Weißmehlprodukte nun aber automatisch „schlechter“ oder „ungesünder“ als Brote und Produkte aus Vollkorn?

Ist Weißbrot ungesund

Nehmen wir mal an, der Frühling ist eingezogen und das schöne Wetter lockt uns hinaus.

Situation A: Wir planen eine halbtägige (mäßig anstrengende) Radtour: Am besten frühstücken wir – wie ein Kaiser – und mit einem hohen Anteil an Vollkorn. Warum? Weil Vollkorn ein idealer Lieferant komplexer Kohlenhydrate ist und unser Körper länger benötigt, um diese komplexen Moleküle (Polysaccharide) in Einfachzucker zu zerlegen und sie zu verdauen. Unser Blutzucker steigt daher langsam an und – einfach ausgedrückt – haben wir dadurch länger Energie, die uns eifrig in die Pedale treten lässt. Dieser Effekt ist stärker/ausgeprägter, wenn wir grobvermahlenes Vollkornbrot essen, denn aus dem feingemahlenen ganzen Korn nehmen wir die Stoffe trotzdem schneller auf.

Situation B: Die Zeit drängt und wir machen eine kurze, dafür anstrengende Radtour, direkt auf die nächste Alm: Ein „leichtes“ Frühstück mit einem Semmerl aus Weißmehl belastet unseren Organismus weniger, da sie schnell verdaut ist. Die einfachen Zuckermoleküle gehen gleich ins Blut über und unsere schnell ansteigende Blutzuckerkurve gibt uns Energie, um die unmittelbare, kurz andauernde Anstrengung, gut zu meistern.

Weißbrot und Hunger

Ballaststoffe, welche im Getreide und im Vollkornmehl enthalten sind, sind zum Teil unlöslich und verlängern den Verdauungsvorgang im Ganzen. Zudem hemmen sie die Ausschüttung von Hormonen, die Hungergefühle auslösen. Weißbrot hält nicht so lange satt, wie die länger sättigenden Vollkornbrote und somit isst man in der Summe auch mehr als mit dem Verzehr länger sattmachender Vollkornbrote.

Fazit - Wie gesund ist Weißbrot?

Weißmehl mag zwar weniger Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe liefern, deswegen ist es aber nicht per se ungesund und kann sogar leichter verdaulich und somit bekömmlicher sein, zum Beispiel vor kurzen Anstrengungsphasen. Jedenfalls ist Weißbrot – und somit die Aufnahme natürlicher Kohlenhydrate – ernährungsphysiologisch ratsamer als der Konsum von raffiniertem, industriell aufbereitetem weißen Zucker.

In verschiedensten Kulturkreisen haben spezielle Weißbrotsorten zudem eine höhere Wertigkeit und zum Beispiel zur italienischen, französischen oder griechischen Küche passen Weißbrote auch besser dazu. Es kommt wie in der Ernährung so häufig auch hier auf die „Mischung“ beziehungsweise die Ausgewogenheit insgesamt an.

Dennoch lautet eine Erkenntnis der Wissenschaft: „Menschen, die statt Lebensmitteln aus raffiniertem Mehl Vollkornprodukte verzehren, leben wahrscheinlich länger und haben vermutlich ein geringeres Risiko, an Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben.“ (medizin-transparent.at - ein Projekt von Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems)

>> IST VOLLKORNBROT GESÜNDER?

Übrigens, über den Tellerrand geschaut: Was uns wohl bekommt ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Einerseits spielen unsere Erbanlagen dabei eine Rolle. Jedoch eine viel größere Ursache vermuten Wissenschaftler schon seit Längerem im individuellen Mikrobiom – also der individuellen Besiedelung mit Darmbakterien. Künftig wäre es denkbar, dass Forscher – basierend auf der Zusammensetzung der eigenen Mikroben – vorhersagen, welche Brotsorte uns individuell weniger Blutzuckerspitzen bedingt und welche wir besser vertragen.

 

GASTBEITRAG

Dr. Martina Überall
Doktorat der medizinischen Gesundheitswissenschaften
Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Tirol,
Fachbereich Ernährung und Gesundheit.